Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Stuttgarter Zeitung» zu den Attacken gegen Politiker

Die Innenminister wollen härtere Strafen prüfen.

Doch das Problem lässt sich so nicht mal ansatzweise lösen. Strafbar ist die Gewalt gegen Politiker schon jetzt. Demokratieförder- und Präventionsprogramme können helfen. Doch auch sie können höchstens ein Beitrag sein. Gefordert ist die Mitte der Gesellschaft. Vielerorts hat sich ein Klima der Verächtlichmachung von Politik verbreitet, das nicht hinnehmbar ist. Den Kampf gegen den Hass auf Politiker muss jeder Einzelne im Gespräch im Betrieb, im Verein, auch bei der Familienfeier führen. Die meisten Politiker sind Ehrenamtler. Wenn sich in den Kommunen niemand mehr engagieren oder auch nur Plakate aufhängen will, ist das ein unermesslicher Schaden für die Demokratie. Deshalb müssen jetzt alle etwas tun.


«Frankfurter Rundschau» zum Nahostkonflikt

Im Nahost-Konflikt gibt es keine einfachen Antworten und deshalb sind fast alle politischen Slogans unzureichend.

Zur Lösung tragen eher die im politischen Raum unbeliebten Sowohl-als-auch-Sätze bei. Israel hat nach dem barbarischen Überfall der Hamas sowohl das Recht sich zu verteidigen und gegen die radikalislamistischen Terroristen zu kämpfen, wie auch die Pflicht, die Zivilistinnen und Zivilisten in Gaza zu schützen und besser zu versorgen. Dass letzteres nicht ausreichend geschieht, dürfen Palästinenserinnen und Palästinenser mit ihren Unterstützerinnen und Unterstützern kritisieren und dagegen demonstrieren. Sie sollten aber nicht unerwähnt lassen, dass die Hamas dies auch nicht tut und die Menschen in Gaza als Schutzschild missbraucht. Die pro-palästinensischen Demonstrierenden haben aber nicht das Recht, Israel das Existenzrecht abzusprechen und dies mit antisemitischen Parolen zu unterlegen. Sie sollten sich von der Hamas und deren Ziel der Vernichtung Israels distanzieren.


«Neatkariga Rita Avize»: Siegeskult vs. Opfergedenken

RIGA: Zum Gedenken an das Weltkriegsende in Russland und im Westen schreibt die lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» am Donnerstag:

«In Russland ist der 9. Mai der Tag des religiösen Siegeskults. Und diesem Kult zufolge hat sich der Kreml die Wiederherstellung der Weltordnung zum Ziel gesetzt, die 1945 ins Leben gerufen und (nach Ansicht Moskaus) von den «Verrätern» Gorbatschow, Jelzin & Co. zerstört wurde. (...) Die Situation im Westen ist grundlegend anders. Dort glauben Politiker am 8. Mai durch formelle, rituelle Aktionen, vor langer Zeit verstorbene Opfer zu ehren und damit an die Geschichte zu erinnern.

Tatsächlich geht es aber nicht um die Geschichte, sondern um die Gegenwart. Und sogar noch mehr. Es geht auch um morgen, denn der 9. Mai ist in Russland kein Gedenktag für zig Millionen tote Bürger der Sowjetunion, sondern für imperiale Macht. Und die Notwendigkeit, diese Größe wiederherzustellen und sich für die zwischen 1989 und 1991 im Kalten Krieg erlittenen Verlust zu rächen.

Unter diesen Aspekten müssen auch der Einmarsch Russlands in die Ukraine und das kurz davor am 15. Dezember 2021 an den Westen gestellte Ultimatum bewertet werden, die Ostgrenze der Nato auf die Grenzen von 1997 zurückzuziehen. Das heißt: Den Einflussbereich Russlands innerhalb der Grenzen von 1945 bis 1985 wiederherzustellen. Putin ist nicht mit einem Wort von diesen Forderungen abgerückt. Der Westen hingegen tut so, als hätte er diese Forderungen nicht gehört und nie geäußert. Der Westen tut immer wieder so, als sei der Krieg in der Ukraine ein Streit um einzelne Landstriche.»


«Lidove noviny»: Serbien entfernt sich von Europa

PRAG: Nach dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Serbien schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Donnerstag:

«Im Juli soll ein neues Freihandelsabkommen zwischen China und Serbien in Kraft treten. Das ist ein weiterer Schritt, der Serbien von der Europäischen Union entfernt. Zwar ist der Balkanstaat seit zwölf Jahren offizieller Beitrittskandidat. Doch die EU nervt aus der Sicht Belgrads ständig mit irgendwelchen Forderungen ? sei es, dass es um die Einhaltung der Menschenrechte, den Rechtsstaat oder die Lösung der Probleme mit dem Kosovo geht. Mit solchen Details quälen sich die Chinesen nicht herum, ja sie vertreten in diesen Fragen sogar eine ablehnende Haltung. Und nicht zuletzt ist ihre Kasse gut gefüllt.»


«Corriere della Sera»: EU für China strategisch unbedeutend

MAILAND: Die italienische Zeitung «Corriere della Sera» beschäftigt sich am Donnerstag mit der Europa-Reise von Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping:

«Für China ist die EU strategisch unbedeutend. Sie kann in den Augen Pekings nur an Gewicht gewinnen, wenn sie beschließt, die Vereinigten Staaten in irgendeiner Weise zu behindern. Gegenüber denjenigen, die zu einem solchen Weg bereit sind, ist der asiatische Partner bereit, Geld auszugeben und Geschäfte zu machen. Geschäfte, wie sie in den ersten beiden Jahrzehnten dieses Jahrhunderts mit Russland im Energiebereich gemacht wurden.

Und wir können uns vorstellen, dass, wenn Xi (Russlands Präsident Wladimir) Putin von den Ergebnissen seiner europäischen Mission berichtet, der russische Führer, obwohl er zum x-ten Mal zu einem unangenehmen Akt der Unterwerfung gezwungen wird, aus dem Gespräch mit der Feststellung hervorgehen wird, dass seine Bündnispolitik besser ist als die seiner Feinde.»


«El País»: Netanjahu stellt sich taub

MADRID: Zur israelischen Militäroffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens schreibt die spanische Zeitung «El País» am Donnerstag:

«Premierminister Benjamin Netanjahu stellt sich gegenüber den Aufrufen der internationalen Gemeinschaft taub und treibt die geplante Bodeninvasion voran, vor der internationale Organisationen und Regierungen in aller Welt gewarnt haben und die die menschliche Tragödie im Gazastreifen auf ein noch höheres Niveau heben würde. (...)

Gleichwohl sind die Gespräche über ein Waffenstillstandsabkommen immer noch in vollem Gange. Washingtons heißer Draht zu Netanjahu sowie die Nachricht, dass die USA mit einem Waffenstopp drohen, weil sie befürchten, dass diese in Rafah eingesetzt werden könnten, deuten darauf hin, dass eine totale Bodeninvasion noch nicht völlig unvermeidlich ist.

Obwohl der israelische Vormarsch auf Rafah in Zeitlupe abläuft, nimmt das Leiden der palästinensischen Zivilbevölkerung überhaupt nicht ab. Wie EU-Chefdiplomat Josep Borrell feststellte, «wissen wir alle, dass es in Gaza keinen sicheren Ort gibt».»

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