Zeitungen zum Geschehen am Donnerstag

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
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«Frankfurter Rundschau» zu Narendra Modi

Man würde sich sicher jemand anders als Narendra Modi wünschen.

Es ist zwar höchste Zeit, dass Indien im Konzert der Nationen mehr aufspielt, aber muss es mit einem dem Autoritarismus zugewandten Hindu-Nationalisten sein? Der seine politische Laufbahn auch noch bei der rechtsradikalen RSS-Truppe begann? Man würde sich also wünschen, dass Modi beim nun beginnenden Urnengang abgewählt wird zugunsten einer Liberalen oder eines Linksliberalen. Aber Träume sind Schäume. Modi ist die Realität Indiens am Anfang des 21. Jahrhunderts. Und er hat des Öfteren bewiesen, dass er über jeden Schatten politischer Traditionen springen kann, wenn das opportun ist - und Indien voranbringt. Das geht wohlgemerkt auf Kosten tradierter Freiheiten und Unordnungen. Dieses Wirken Modis muss in der Kritik bleiben. Aber so wie der Premier sein Land global platziert, immer selbstbewusster gegenüber China und Russland, pragmatisch und partnerschaftlich, das verdient Respekt und Beistand des Westens.


«Stuttgarter Zeitung» zu Festnahme von russischen Saboteuren

Ungeachtet des Fahndungserfolgs an diesem Donnerstag darf bezweifelt werden, dass unsere Sicherheitsorgane gegen solche hybriden Angriffe gut gerüstet sind.

Der Bundesnachrichtendienst hatte Gegenspionage nach dem Fall der Mauer lange für verzichtbar erachtet und kümmert sich erst seit ein paar Jahren wieder darum. Der Verfassungsschutz, als Inlandsgeheimdienst für Spione fremder Mächte auf heimischem Terrain zuständig, ist notorisch unterbesetzt und hat technischen Nachbedarf. Auch auf diesem Feld bräuchte es dringend eine Zeitenwende.


«Neatkariga Rita Avize»: Trump ist das Schicksal der Ukraine egal

RIGA: Zum möglichen Votum über ein neues Ukraine-Hilfspaket im US-Kongress und der Aussicht auf eine Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten schreibt die lettische Zeitung «Neatkariga Rita Avize» am Donnerstag:

«Was im US-Kongress passiert, sollte ohne Illusionen betrachtet werden. Es wäre großartig, wenn das Hilfspaket für die Ukraine endlich verabschiedet würde. Doch wir müssen uns auf das Schlimmste einstellen. Den Trumpisten ist das Schicksal der Ukrainer, unserer und anderer Nationen zutiefst gleichgültig. Auf sie kann man sich nicht verlassen. Noch mehr: Es besteht nicht der geringste Grund, sich ihnen anzubiedern (unsere lokalen Trumpisten entgegnen den Vorwürfen eines götzendienerischen Verhaltens mit der Frage: Aber was werden Sie nach Trumps Sieg tun?). Denn egal wie gehorsam wir Trump mit Hundeaugen anschauen und mit jedem seiner Worte folgen - sein Wunsch, uns zu helfen, wird sich nicht ändern. Es war gleich Null und wird Null bleiben. Daher gibt es nur eine Lösung: selbst die Armee und insbesondere die eigene Militärindustrie zu stärken.»


«Wall Street Journal»: Ohne Hilfe für Ukraine gewinnt Kreml den Krieg

NEW YORK: Angesichts der bedrohlichen Lage für die Ukraine kommt Bewegung in die seit Monaten festgefahrene US-Hilfe. Das Repräsentantenhaus wird voraussichtlich am Samstag über ein dringend benötigtes Hilfspaket abstimmen, wie der Vorsitzende der Parlamentskammer, Mike Johnson, am Mittwoch ankündigte. Dazu schreibt das «Wall Street Journal» am Donnerstag:

«Johnson setzt sich für die Verabschiedung eines Gesetzes zur Unterstützung der Ukraine, Israels und Taiwans ein - trotz der Drohungen aus dem rechten Lager, ihn zu stürzen. Er liegt mit seiner Politik richtig und verdient die Unterstützung von Abgeordneten beider Parteien. (...) Der Bedarf ist dringend notwendig, denn die Lage der Ukraine verschlechtert sich zusehends. Die ukrainischen Defizite in der Luftverteidigung lassen das russische Militär zum ersten Mal seit zwei Jahren die Luft beherrschen. (...)

Die Republikaner im Repräsentantenhaus, die damit drohen, Johnson wegen der Ukraine aus dem Amt zu jagen, glauben, dass sie die Hilfe ablehnen und ohne Konsequenzen dazu zurückkehren können, auf Joe Biden wegen der Krise an der Südgrenze (der USA) weiter einzuhämmern. Sie irren sich. Und die traurige Ironie ist, dass solche Wahnvorstellungen über die Welt normalerweise der progressiven Linken vorbehalten sind. Bei der derzeitigen Lage wird der Kreml den Krieg letztendlich gewinnen, und Putin wird sich nicht mit dem Osten der Ukraine zufriedengeben.»


«Wyborcza»: Europa könnte einem Angriff nicht wie Israel standhalten

WARSCHAU: Zur Debatte um eine bessere Flugabwehr für Europa schreibt die polnische Tageszeitung «Gazeta Wyborcza» am Donnerstag:

«Der iranische Angriff auf Israel war ein Vorgeschmack darauf, wie ein russischer Erstschlag gegen Nato-Staaten aussehen könnte. Zunächst würden Drohnen in die Luft gehen. Dabei handelt es sich um langsame Ziele, deren Aufgabe es wäre, die Aufmerksamkeit von Flugabwehrsystemen auf sich zu ziehen. Danach kämen gefährlichere Geschosse: Marschflugkörper. Und aus der Stratosphäre würden dann ballistische Raketensprengköpfe auf die wichtigsten Ziele tief im Nato-Gebiet abgeworfen. Dies ist die Taktik, die die Russen seit Monaten in der Ukraine anwenden.

Aufgrund von Munitionsengpässen wird es für die Ukrainer immer schwieriger, diese Angriffe abzuwehren. Der Iran hat beschlossen, die russische Taktik gegen einen Staat zu testen, der über Munition in Hülle und Fülle verfügt.

Israel hat sich seit mehr als einem Jahrzehnt auf das Szenario eines massiven iranischen Raketenangriffs vorbereitet. Wäre Europa in der Lage, sich gegen eine ähnliche Bedrohung zu verteidigen? Je weiter westlich, desto wirksamer wäre wohl die Verteidigung. Das Militär hätte Zeit, Flugzeuge aufzuspüren und Radare einzuschalten. Ein Israel, das eingeklemmt wäre zwischen Russland, Belarus und Kaliningrad, hätte möglicherweise keine Zeit zu reagieren. So wie Polen.»


«Lidove noviny»: Weltkriegsgedenken sorgt für Dilemma

PRAG: Frankreich lädt Vertreter Russlands zur Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Landung alliierter Truppen in der Normandie im Zweiten Weltkrieg ein, nicht aber den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dazu schreibt die konservative Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Donnerstag:

«Werden die Russen kommen? Wir werden sehen. Werden politische Falken - von den deutschen Grünen über den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk bis hin zur tschechischen Verteidigungsministerin Jana Cernochova - die französische Einladung an Russland als Verrat oder als einen Akt der Verzweiflung verblendeter Pazifisten verurteilen? Wir werden sehen.

In jedem Fall müssen wir uns jetzt die Frage stellen: Wie soll man die früheren Verdienste desjenigen Landes würdigen, das zum Aggressor gegen die Ukraine geworden ist? (...) Am 27. Januar 2025 steht der 80. Jahrestag der Befreiung des NS-Vernichtungslagers Auschwitz durch die Soldaten des Sowjetmarschalls Iwan Konew bevor. (...)

Es ist eine verflixte Sache. Man darf die heutigen russischen Machthaber nicht feiern, aber man darf die historische Rolle Russlands auch nicht aus der Geschichte hinausdrängen. Ist die französische Einstellung hierzu am Ende vielleicht besser als das Vorgehen in Prag, wo eine Konew-Statue (vor vier Jahren) von ihrem Platz entfernt wurde?»


«Rzeczpospolita»: Dudas Besuch bei Trump ist ein schwerer Fehler

WARSCHAU: Das Treffen von Polens Staatsoberhaupt mit dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump kommentiert die polnische Tageszeitung «Rzeczpospolita» am Donnerstag:

«Von den Staats- und Regierungschefs der EU-Länder hat in letzter Zeit nur (Ungarns Regierungschef) Viktor Orbán (den ehemaligen US-Präsidenten) Donald Trump getroffen. Deshalb ist das Abendessen, das Präsident Andrzej Duda am Mittwochabend mit dem Milliardär einnehmen sollte, so bedeutsam. Auch der Ort des Treffens, der Trump Tower in Manhattan, hat eine eindeutige Bedeutung. Dieser Schritt ist ein schwerer Fehler des Präsidenten.

Es war eine gute Tradition im freien Polen, die Beziehungen zu den USA auf eine parteiübergreifende Ebene zu heben. Die Idee war, dass Washington das Bündnis mit unserem Land als Teil der amerikanischen Raison d'Être und nicht als Agenda der Republikaner oder Demokraten betrachten sollte. Andrzej Duda brach bereits im Herbst 2020 mit dieser Tradition, als er sich wochenlang weigerte, Joe Biden ein Glückwunschschreiben zu übermitteln. Indem er sich auf ein Gespräch mit Trump einlässt, der heute kein staatliches Amt bekleidet, sendet er ein eindeutiges Signal, dass er ihn ab dem nächsten Jahr als Präsident vorziehen würde. Und das, obwohl Donald Trump wiederholt den Sinn der Nato untergraben hat und seit Oktober die Hilfe für die Ukraine blockiert.»


«The Guardian»: Wähler könnten Modi überraschen

LONDON: Der Londoner «Guardian» kommentiert am Donnerstag die am Wochenende beginnenden Parlamentswahlen in Indien:

«Demokratien funktionieren am besten, wenn es einen Wettbewerb der Ideen und eine Gleichbehandlung aller Bürger durch die Behörden gibt. Daran mangelt es im Indien von Premierminister Narendra Modi. Die Bankkonten der wichtigsten oppositionellen Kraft, der Kongress-Partei, wurden eingefroren. Es kann kein Zufall sein, dass alle führenden indischen Politiker, die von Strafverfolgungs- und Steuerbehörden festgenommen wurden, der Opposition angehören und keiner der Regierungspartei. (.)

Man ist versucht zu fragen, ob Wahlen, die unweigerlich auch zu einer Zurückweisung einladen, für Modi überhaupt sinnvoll sind. Nach 10 Jahren an der Macht sind die Wähler möglicherweise in der Stimmung, ihm eine Überraschung zu bereiten. Umfragen zeigen, dass die Inder am meisten über Arbeitslosigkeit, Inflation und Einkommensunsicherheit besorgt sind. In diesen Bereichen hat Modi eine schlechte Bilanz vorzuweisen - eine Schwachstelle, auf die die Opposition immer wieder hinweist. Die meisten Wahlberechtigten geben an, dass die Korruption unter Modi schlimmer geworden sei. Das überrascht kaum, denn das aktuelle Wirtschaftswachstum kommt so unverhältnismäßig stark den Reichen zugute, dass Indien heute ungleicher ist als zu Zeiten der Kolonialherrschaft.»


«NZZ»: Ampel-Parteien sehen sich zum Durchwursteln gezwungen

ZÜRICH: Die «Neue Zürcher Zeitung» kommentiert am Donnerstag die Schwierigkeiten bei der Aufstellung des Bundeshaushalts für 2025:

«In einer solchen Lage gibt es aus ordnungspolitischer Sicht nur eine Antwort: Die Politik muss Prioritäten setzen. Der Staat müsste ein Konsolidierungsprogramm einleiten, das niemanden schont, alle Subventionen auf den Prüfstand stellt und auch vor Rentenreformen und einem gezielteren Einsatz der Sozialleistungen nicht zurückschreckt. Denn Steuererhöhungen sind im Hochsteuerland Deutschland keine Option, will es die internationale Wettbewerbsfähigkeit nicht weiter schwächen. Und höhere Schulden schaffen neue Probleme, unter anderem in Form noch höherer Zinslasten. (.)

Kein Wunder, hagelt es aus dem Kreis der Grünen und der Sozialdemokraten weiterhin Ideen zur Aussetzung oder Aufweichung der Schuldenbremse - was die FDP bis jetzt ablehnt. (.) Wie sich die «Ampel» in dieser Lage zu einem Haushalt durchringen soll, bleibt schleierhaft. Die Verhandlungen hätten das Potenzial, die Koalition zu sprengen - wären nicht die Umfragewerte aller drei Parteien so schlecht, dass sie zum gemeinsamen Sichdurchwursteln fast schon gezwungen sind.»

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