Zeitungen zum Geschehen am Montag

Foto: Adobe Stock/©elis Lasop
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«Handelsblatt» zu Verharren der Inflationsrate

Alles wieder in Ordnung in der Inflations-Zins-Welt? Nein, so weit sind wir noch lange nicht.

Erstens: An der oft bemühten Metapher von der letzten Meile, die die schwierigste sei, ist was dran. Das Inflationsproblem ist noch längst nicht aus der Welt - weder in Deutschland noch in der Euro-Zone und erst recht nicht in den USA. Zweitens - und das ist insbesondere aus deutscher Sicht relevant: Die Hoffnungen, dass eine mögliche Zinswende bereits im Juni helfen könnte, die Wachstumsschwäche zu überwinden, ist bestenfalls trügerisch.


«Stuttgarter Zeitung» zu Sánchez

Dass Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez macht- und selbstverliebt ist, ist bekannt, müsste aber kein Problem sein.

Er hat nur leider niemanden mehr in seinem Umfeld, der ihn gelegentlich daran erinnert. Wenn er es doch irgendwo zu hören oder zu lesen bekommt, ist deshalb seine Reaktion absehbar: Es sind die Rechten, die Ultrarechten gar, mit denen man nicht redet, sondern die man bekämpft. Spanien hat sich in seiner Geschichte nur selten durch einen Hang zur politischen Mitte ausgezeichnet. Das politische System folgt dem Prinzip der Selbstvergewisserung: Ich stehe auf der richtigen Seite, weil ich Linker bin - oder weil ich kein Linker bin. Sánchez hat die Polarisierung auf die Spitze getrieben. Nicht aus Überzeugung, sondern weil er ahnt, dass es der sicherste Weg für den Machterhalt ist.


«Münchner Merkur» zu Tag der Arbeit

Ausgerechnet zum Tag der Arbeit am 1.

Mai verdirbt der US-Wirtschaftsdienst Bloomberg den Bundesbürgern die Feierlaune. "Haben die Deutschen ihre berühmte Arbeitsmoral vergessen?", fragen uns die Amerikaner - und fuchteln streng mit ihren Statistiken herum. Ihr Ergebnis: "Gemessen an der Arbeitszeit pro Arbeitnehmer sind die Deutschen die am wenigsten fleißigen aller OECD-Länder." Das betrifft die Generation Z, aber bei weitem nicht nur. Zum wachsenden individuellen Wunsch, weniger Zeit mit Arbeit zu verbringen, gesellen sich Überalterung und Fachkräftemangel. Leider hat es nicht den Anschein, dass die Politik das Problem in seiner ganzen Dramatik, etwa für die Sicherung der Renten, erfasst hat. Der Staat kann Leistungsbereitschaft fördern, indem er sie wieder stärker belohnt. Etwa durch Abbau der Kalten Progression, steuerfreie Überstunden und Bürgergeldkürzungen für die, die zumutbare Arbeit ablehnen.


«Information»: Was passiert, wenn der Gaza-Krieg irgendwann endet?

KOPENHAGEN: Die linksliberale dänische Tageszeitung «Information» meint am Montag zu einem möglichen Ende des Gaza-Krieges:

«Der Gaza-Krieg hat eindeutig die Auffassung des israelisch-palästinensischen Konfliktes verändert. In den USA empfindet die Generation, die kein direktes Verhältnis zum Holocaust hat, offensichtlich dieselbe Abscheu für die israelische Bombardierung von Gazas (...) Infrastruktur, wie ihre Großeltern sie für die Zerbombung Vietnams empfunden hatten.

Die sich aufdrängende Frage ist noch immer, was nach Kriegsende passieren wird - ob dieses nun mit einem Massaker an Zivilisten in Rafah erreicht wird oder mit einer Abmachung um die Freilassung der 133 verbleibenden Geiseln, nachdem 105 im November ausgetauscht worden waren, andere entkommen oder gestorben sind (...).

Die rohe Wirklichkeit ist, wie der israelische Historiker Tom Segev in der jüngsten Ausgabe von «Foreign Affairs» schrieb, dass es keine friedliche Lösung des Konfliktes gibt - und schon gar keine Zweistaatenlösung. Beide Kriegsparteien beanspruchen das gesamte Gebiet «vom Fluss bis zum Meer», und so lange Religionen und Mythen den Weg für eine rationale Demokratie mit gleichen Rechten für alle Glaubensrichtungen versperren, wird der Konflikt ein permanentes Problem bleiben, das gemanagt werden muss. Segevs Punkt ist, dass der am längsten amtierende Ministerpräsident Netanjahu der schlechteste Manager gewesen ist. Und er ist am Ende angelangt - aber ob die Person, die an seine Stelle tritt, besser wird oder noch schlimmer, wird sich zeigen.»


«Lidove noviny»: Zweck darf in Polen nicht die Mittel heiligen

PRAG: Zu den Veränderungen unter der polnischen Regierung des Liberalkonservativen Donald Tusk schreibt die Zeitung «Lidove noviny» aus Tschechien am Montag:

«Die Bemühungen der polnischen Regierung unter Donald Tusk, den Staat von PiS-Einflüssen zu befreien, geht in die nächste Phase. Nun steht die Korrektur der Deformationen an, welche die Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski während ihrer achtjährigen Herrschaft in der Verfassungsgerichtsbarkeit verursacht hat. Das geplante Vorgehen wirft indes ernsthafte Fragen auf, ähnlich wie bereits im Fall der Säuberung im öffentlich-rechtlichen oder eigentlich eher staatlichen Fernsehen. Wird der Patient mit Mitteln geheilt, die jahrelang Gegenstand der Kritik waren - nicht nur seitens der damaligen polnischen Opposition, sondern auch seitens der Europäischen Kommission und anderer internationaler Organisationen? Als Teil der Korrektur sollen etwa frühere Entscheidungen des Verfassungsgerichts für ungültig erklärt werden. (...) Doch in unserem Kultur- und Zivilisationskreis gilt, dass nicht jedes Mittel gebraucht werden darf, auch wenn das Ziel als höchst erstrebenswert angesehen wird.»


«La Repubblica»: Meloni will ein anderes Europa

ROM: Die italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wird ihre Rechtspartei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) als Spitzenkandidatin in die Europawahl im Juni führen. Dazu schreibt die römische Zeitung «La Repubblica»:

«In Wahrheit reicht der Ehrgeiz weit über den Wahltag hinaus. Meloni ist davon überzeugt, dass das italienische Experiment einer Rechten, die aus dem Post-Neofaschismus kommt und in wenigen Jahren die Regierung eines Gründungslandes der Union erobert hat, als kontinentaler Hebel funktionieren kann, um eine neue politische Geografie zu errichten und vor allem eine neue Kultur der Institutionen und Werte zu schaffen. Dies würde die Zeit der Kompromisse zwischen dem Zentrum und der Linken in Brüssel und Straßburg beenden. Es ist ein Aufruf an die Zentrumspolitiker, konservativ und an diejenigen der Europäischen Volkspartei, reaktionär zu werden. Und er richtet sich implizit auch an ihre Koalitionspartner, damit sie sich nicht nur ihrem Regierungsamt, sondern auch ihrer Führung der gesamten Welt der Rechten unterordnen (...) Im Augenblick hält die Allianz (...) Aber es muss klar sein, dass der Anführer einer alleine ist - oder vielmehr eine.»


«de Volkskrant»: Studentenproteste werden für Hetze missbraucht

AMSTERDAM: Zu den Demonstrationen an US-Universitäten gegen Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen meint die niederländische Zeitung «de Volkskrant» am Montag:

«Das erste Problem besteht darin, dass solche propalästinensischen Proteste (an denen auch jüdische Studenten teilnehmen) verachtenswerte «Unterstützer» anziehen, die Demonstrationen gegen Israel für antisemitische Hetze und Parolen missbrauchen. Selbst wenn es sich dabei um vereinzelte Vorfälle handelt, und selbst wenn diese sich außerhalb von Universitätsgeländen abspielen, werden dadurch auch legitime Demonstrationen in Misskredit gebracht.

Das zweite Problem ist, dass diese Vorfälle von rechten Provokateuren benutzt werden, um die gesamte propalästinensische Bewegung als antisemitisch abzustempeln. Damit wird politischer Protest auf ein generelles Ärgernis reduziert, das nicht weiter beachtet werden sollte. In beiden extremen Lagern wird Israel mit dem jüdischen Volk gleichgesetzt. Das führt einerseits zu tatsächlichem Antisemitismus, andererseits zu ungerechtfertigten Antisemitismusvorwürfen.»


«Financial Times»: Starker Dollar birgt Risiken für die Weltwirtschaft

LONDON: Die Londoner «Financial Times» kommentiert am Montag die anhaltende Stärke des US-Dollars:

«Die Märkte wetten darauf, dass die Zinsen in den USA hoch bleiben, während sie anderswo sinken. Daher werden Anleger auf den Dollar setzen, um von besseren Renditen und dem kräftigen amerikanischen Wachstum zu profitieren. Das bringt die Gefahr mit sich, dass der Dollarkurs unter noch mehr Aufwärtsdruck gerät, was wiederum höhere Risiken für die Weltwirtschaft nach sich zieht.

Vor allem verändert ein starker Dollar die Handelsströme, was die weltweite Inflation anheizen kann. Er steigert die Kaufkraft der Amerikaner, so dass US-Verbraucher und -Unternehmen Waren aus anderen Volkswirtschaften billiger einkaufen können. (...)

Handelsverschiebungen können für die USA besonders destabilisierend sein. Ein starker Dollar macht Importe attraktiver, während er zugleich US-Exporte verteuert und so von ausländischen Märkten verdrängt. Das könnte das Konjunkturprogramm von Präsident Joe Biden und seinen Kampf gegen das anhaltende US-Handelsdefizit untergraben. Es könnte zudem die Bemühungen behindern, mit den Lieferketten aus China verbundene Risiken zu verringern, was wiederum zu höheren Zöllen und damit zur Verschärfung der Spannungen führen könnte.»


«La Vanguardia»: Deutschland hat ein ernsthaftes Sicherheitsproblem

MADRID: Zur Festnahme mehrerer mutmaßlicher chinesischer und russischer Spione in Deutschland schreibt die spanische Zeitung «La Vanguardia» am Montag:

«Deutschland hat ein ernsthaftes Sicherheitsproblem, da es zu einer Brutstätte für Spione geworden zu sein scheint, die für die chinesischen und russischen Geheimdienste arbeiten (...) Die deutschen Behörden sind sehr besorgt über Chinas Fähigkeit zur Wirtschaftsspionage in Europas größter Volkswirtschaft. Es sollte nicht vergessen werden, dass Deutschland der fünftgrößte Waffenexporteur der Welt ist. Was Russland betrifft, so bestätigen die Festnahmen wegen der mutmaßlichen Vorbereitung von Sabotageakten auf deutschem Boden zur Schädigung der Ukraine ein Szenario, das die deutschen Behörden seit Langem befürchten und vor dem das Bundesamt für Verfassungsschutz seit Langem warnt. Die deutschen Sicherheitsbehörden stehen vor einer großen Herausforderung und einer folgenschweren Bedrohung.

Das Risiko von Spionage und Einmischung durch Mächte wie China und Russland bereitet derweil nicht nur in Deutschland, sondern in allen Ländern der EU Sorgen. Denn es könnte sich auf die Europawahlen auswirken und zielt darauf ab, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, die europäische Sicherheit zu untergraben und die europäischen Demokratien zu destabilisieren.»

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