Britische Regierung geht Zigarettenverbot an

Wenn Winston das wüsste

Foto: Unsplash/Possessed Photography
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LONDON: Ausgerechnet die Partei von Zigarrenliebhaber Winston Churchill will das Rauchen abschaffen. Doch gegen den Plan, kommenden Generationen den Zigarettenkauf zu verbieten, gibt es auch Widerstand.

Den früheren britischen Premierminister Winston Churchill sah man mit Zigarre. Und das englische Topmodel Kate Moss gerne mal mit Zigarette. Rauchen, das galt lange auch in Großbritannien als selbstverständlich. Doch die Regierung in London will die Gesellschaft besser schützen und geht nun einen weitreichenden Schritt. Sie will es künftigen Generationen verbieten, auf legalem Weg Zigaretten zu kaufen. Im Parlament kann sie dabei auf eine Mehrheit hoffen.

«Die Wahrheit ist: Es gibt kein sicheres Maß an Tabakkonsum. Er ist ausgesprochen schädlich und das ist der Grund, warum wir heute diesen wichtigen Schritt unternehmen, um die nächste Generation zu schützen», teilte Gesundheitsministerin Victoria Atkins am Dienstag zu einer geplanten Debatte im Unterhaus mit.

Wie das Verkaufsverbot funktionieren soll

Die konservative Regierung will den legalen Kauf von Zigaretten langfristig unmöglich machen. Ein Gesetz sieht vor, das Mindestalter für den Kauf von derzeit 18 Jahren jedes Jahr um ein Jahr zu erhöhen. Ziel von Premier Rishi Sunak ist, dass niemand, der in diesem Jahr 15 wird oder jünger ist, jemals legal Glimmstängel erwerben kann. Rauchen selbst soll also nicht verboten werden - Erwachsene, die heute rauchen, können weiterhin Zigaretten kaufen -, künftigen Generationen aber soll es nahezu unmöglich gemacht werden.

Die Raucherquote in der Gruppe der 14- bis 30-Jährigen könnte damit nach Regierungsangaben bis zum Jahr 2040 nahe null liegen. Atkins argumentiert, das Gesetz würde Tausende Leben retten, den staatlichen Gesundheitsdienst NHS entlasten und die Produktivität des Vereinigten Königreichs erhöhen. In Großbritannien sterben jährlich Zehntausende Menschen an den Folgen des Rauchens.

Britischem Premier droht auch Widerstand

Doch Sunak droht heftiger Widerstand aus den eigenen Reihen. So kritisierte seine direkte Vorgängerin Liz Truss das Vorhaben als Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht erwachsener Menschen. Ex-Premierminister Boris Johnson, der nicht mehr Mitglied des Unterhauses ist, sagte: «Wenn ich mir einige der Dinge ansehe, die wir jetzt tun oder die im Namen des Konservatismus getan werden, so halte ich sie für absolut verrückt.»

Berichten zufolge könnten Dutzende Tory-Abgeordnete gegen das Vorhaben votieren, wenn es zur Abstimmung gestellt wird. Es soll keine Fraktionspflicht gelten. Dennoch rechnen Kommentatoren damit, dass das Unterhaus das Gesetz schließlich annehmen wird, weil die Labour-Partei als wichtigste Oppositionskraft den Entwurf unterstützt. Allerdings warnen Anti-Rauchen-Aktivisten, die Tabaklobby arbeite hinter den Kulissen daran, die Pläne zu schwächen, zu verzögern oder sogar zu vereiteln, wie die Zeitung «Guardian» berichtete.

Machen Verbote Rauchen nur cooler?

Der konservative Abgeordnete Simon Clarke befürchtet, ein Verbot könne kontraproduktiv wirken. Alle seien sich einig, das Rauchen schlecht sei, die Wissenschaft sei da eindeutig. «Es gibt gute Wege, ein solches Problem anzugehen, und es gibt schlechte Wege», sagte er der BBC am Dienstag. Mit einem Verbote bestehe die Gefahr, dass Rauchen cooler werde, ein Schwarzmarkt entstehe und Behörden vor große Herausforderungen gestellt würden. Er warb dafür, Menschen stattdessen durch Bildung und Steuern vom Rauchen abzubringen. Wenn man einmal mit Verboten anfange, laufe man Gefahr, auch andere Dinge zu verbieten.

Auch Vapen soll stärker reguliert werden

Der Entwurf sieht auch vor, E-Zigaretten unattraktiver für Jugendliche zu machen. So sollen süße Geschmacksrichtungen sowie knallige Verpackungen, die vor allem Minderjährige ansprechen, eingeschränkt werden. In einem separaten Gesetz sollen Einweg-E-Zigaretten grundsätzlich verboten werden. Auch in Deutschland wird heute anders übers Rauchen diskutiert. Im Vergleich zu 1991 ging der Zigarettenabsatz um mehr als die Hälfte zurück. Aus Restaurants ist Kippenqualm verschwunden. Und Aufnahmen, bei denen noch regulär in Fernsehtalkshows geraucht wurde, gehören heute ebenso der Vergangenheit an wie Churchill, der im Jahr 1965 gestorben war.

So streng wird das Rauchen in anderen Ländern reguliert

In Großbritannien plant die Regierung ein umfassendes Zigarettenverbot, um den Konsum langfristig zu beenden. Doch auch in anderen Ländern wird das Rauchen durch strenge Gesetze und Regulierungen stark eingeschränkt.

Im Februar 2013 veröffentlichte die Europäische Kommission einen zusammenfassenden Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen des Rates von 2009 über rauchfreie Umgebungen. So haben alle EU-Länder «Maßnahmen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor der Belastung durch Tabakrauch erlassen». Doch die Maßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten unterscheiden sich beträchtlich in Umfang und Reichweite.

So stuft die EU-Kommission Spanien, Griechenland, Malta, Bulgarien und Irland als Mitglieds-Länder mit den strengsten Bestimmungen über rauchfreie Zonen ein. Dort ist das Rauchen in geschlossenen öffentlichen Räumen, öffentlichen Verkehrsmitteln und am Arbeitsplatz vollständig verboten - es gelten lediglich einige wenige Ausnahmen.

Auch in Mexiko herrscht ein strenges Anti-Tabak-Gesetz. Seit Mitte Januar 2023 gilt an allen öffentlichen Orten ein striktes Raucherverbot. Laut dem Auswärtigen Amt gilt das auch für öffentliche Verkehrsmittel, Parks, Strände, Restaurants und Hotels. Verstöße jeglicher Art können mit einer Geldstrafe oder einem Gefängnisaufenthalt geahndet werden.

Mit der sogenannten «Canada Tobacco Strategy» (CTS) bekämpft die Regierung Kanadas den Tabakkonsum des Landes. Dies soll dazu beitragen, das Ziel von weniger als fünf Prozent Tabakkonsum bis 2035 zu erreichen.

Auch das Autofahren mit Zigarette kann in einigen europäischen Ländern mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden: In Frankreich, Italien, Österreich und vielen weiteren europäischen Ländern besteht ein Rauchverbot im Auto.

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