Tusk warnt vor Geheimdiensten

​Polnischer Richter flieht nach Belarus 

Polnischer Premierminister Donald Tusk in Kattowitz. Foto: epa/Michal Meissner
Polnischer Premierminister Donald Tusk in Kattowitz. Foto: epa/Michal Meissner

WARSCHAU/MINSK: Nach der Flucht eines polnischen Richters in das autoritär regierte Belarus hat Polens Regierungschef Donald Tusk vor den Aktivitäten feindlicher Geheimdienste in seinem Land gewarnt. «Wir dürfen diese Sache nicht unterschätzen», sagte Tusk am Dienstag in Katowice am Rande einer Kabinettssitzung. Die belarussischen Geheimdienste hätten mit einer Person zusammengearbeitet, die Zugang zum früheren Justizminister gehabt habe und mitverantwortlich für die Zerstörung des polnischen Justizwesens sei, sagte er mit Blick auf den Richter.

Am Montag hatten belarussische Medien berichtet, dass Richter Tomasz Szmydt vom Warschauer Bezirksverwaltungsgericht in Belarus um Asyl gebeten habe. Er bitte Machthaber Alexander Lukaschenko persönlich um «Obhut und Schutz», sagte Szmydt in Minsk nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Belta. Seinen Schritt begründete der Richter demnach damit, dass er mit der Politik der derzeitigen polnischen Regierung nicht einverstanden sei und deshalb bedroht werde. Szmydt lobte Lukaschenko als «sehr weisen Führer» und warnte, die USA wollten Polen in einen bewaffneten Konflikt hineinziehen.

Inzwischen hat die polnische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen den Richter wegen Verdachts der Tätigkeit für einen fremden Geheimdienst aufgenommen. Für Mittwoch hat Regierungschef Tusk die für Sicherheit zuständigen Minister seines Kabinetts zu einer Sondersitzung zusammengerufen.

Das Verhältnis zwischen dem EU- und Nato-Land Polen und seinem Nachbarland Belarus ist seit längerem angespannt. Polen gehört zu den wichtigsten militärischen Unterstützern der von Russland angegriffenen Ukraine. Belarus ist ein enger Verbündeter Moskaus.

Richter Szmydt war bereits 2019 in Polen in die Schlagzeilen geraten. Die von 2015 bis 2023 amtierende nationalkonservative PiS-Regierung sorgte damals mit ihren umstrittenen Justizreformen für viel Unruhe unter polnischen Richtern. Szmydt und seine damalige Frau beteiligten sich an einer Schmutzkampagne in sozialen Medien gegen Richter, die dem Vorhaben der PiS-Regierung kritisch gegenüberstanden. In der Sache ermittelt bis heute die Staatsanwaltschaft.

Nach Angaben von Polens Justizminister Adam Bodnar hatte Szmydt in seiner Funktion aus Richter am Bezirksverwaltungsgericht in Warschau auch Zugang zu Dokumenten, die der Geheimhaltung unterliegen.

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