Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

Nahostkrise: Aktuelles Geschehen am Donnerstag

Proteste an US-Unis: Haupt-Abschlussfeier wird abgesagt

LOS ANGELES: An vielen Unis in den USA kommt es zu propalästinensischen Protesten. Das hat an einer Universität in Los Angeles Folgen für die traditionelle Abschlussfeier. Eine Hauptveranstaltung wird abgesagt.

Vor dem Hintergrund aufgeheizter Proteste an US-Universitäten rund um den Gaza-Krieg hat die University of Southern California in Los Angeles eine geplante Großveranstaltung bei der traditionellen Abschlussfeier abgesagt. Mit Verweis auf besondere Sicherheitsvorkehrungen werde ein für Mai geplantes Event auf der Hauptbühne, zu dem 65.000 Menschen erwartet wurden, nicht stattfinden, teilte die Universität im US-Bundesstaat Kalifornien am Donnerstag (Ortszeit) mit. Andere Veranstaltungen für die diesjährigen USC-Absolventen seien aber weiterhin geplant.

In den USA haben sich die propalästinensischen Demonstrationen an Universitäten ausgeweitet und teils verschärft. Am Mittwochabend (Ortszeit) nahm die Polizei in Los Angeles mehr als 90 Menschen fest, die während Demonstrationen auf das Gelände der University of Southern California vorgedrungen sein sollen, wie der US-Sender CNN berichtete. Demnach sollen Demonstranten auf dem Campus der privaten Universität unter anderem Zelte aufgeschlagen haben.

Zunächst waren vor allem die New Yorker Universitäten Columbia und New York University (NYU) sowie die Yale University im US-Bundesstaat Connecticut betroffen. Mehr als hundert Demonstranten wurden dort zwischenzeitlich festgenommen - sie hatten sich geweigert, nicht genehmigte Proteste zu beenden. Teilen der Protestierenden wird Antisemitismus und die Verharmlosung der islamistischen Hamas vorgeworfen, deren Ziel unter anderem die Beseitigung des Staates Israel ist. Die Hamas hatte mit ihren Massakern und den Geiselnahmen in Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres den Gaza-Krieg ausgelöst.


Stockende Gespräche - Israel erwägt begrenzten Geisel-Deal

GAZA/TEL AVIV: Israel erwägt einem Medienbericht zufolge ein begrenztes Abkommen mit der islamistischen Hamas, um die Freilassung von zumindest 20 Geiseln zu erreichen. Konkret geht dabei es um weibliche, ältere und kranke Entführte, wie der israelische Fernsehsender Channel 12 am Donnerstag berichtete. Im Gegenzug will Israel demnach Vertriebenen im Gazastreifen die Rückkehr in den Norden des Küstengebiets erlauben. Der Vorschlag sei bei einer Sitzung des Kriegskabinetts besprochen worden. Er soll den Angaben nach in Kürze an die Vermittler weitergeleitet werden. Dem Bericht zufolge will Israel mit dem Vorschlag die Hamas-Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand umgehen.

Unklar war zunächst, wie lange eine Feuerpause im Rahmen des Deals dauern würde und ob und in welchem Umfang palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen würden. Um die ins Stocken geratenen Geisel-Verhandlungen wieder in Gang zu bringen, sind Medien zufolge für Freitag Gespräche zwischen einem israelischen Verhandlungsteam und einer ägyptischen Delegation in Israel geplant.

Israel und die Hamas verhandeln seit Monaten indirekt über eine Feuerpause und die Freilassung weiterer Geiseln, die Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in den Gazastreifen entführt haben. Ägypten, die USA und Katar treten dabei als Vermittler auf. Die Hamas pocht bislang auf einen dauerhaften Waffenstillstand und den vollständigen Abzug der israelischen Truppen aus dem umkämpften Küstengebiet im Gegenzug für die Freilassung der verbliebenen Geiseln.

Ägypten will laut israelischen Medien eine Einigung erreichen, um den bevorstehenden israelischen Militäreinsatz in Rafah abzuwenden. Die Regierung in Kairo ist auch besorgt, dass Palästinenser in großen Zahlen über die Grenze kommen könnten. In der Stadt Rafah an der Grenze zu Ägypten haben Hunderttausende Zuflucht vor den Kämpfen gesucht.


Pentagon: Bau eines temporären Hafens vor Gaza hat begonnen

WASHINGTON: Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ist immer noch katastrophal. Die USA haben vor Wochen den Bau eines temporären Hafens angekündigt. Nun gibt es Bewegung beim Bau.

Das US-Militär hat vor der Küste des Gazastreifens mit dem Bau eines temporären Hafens zur Lieferung von Hilfsgütern begonnen. US-Militärschiffe seien daran beteiligt, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Donnerstag. Realistischerweise solle der Hafen Anfang Mai einsatzfähig sein. In der Zwischenzeit arbeite man weiter mit der internationalen Gemeinschaft zusammen, um Hilfslieferungen in den Gazastreifen zu bringen, so Ryder.

Die US-Regierung hatte Anfang März angekündigt, das US-Militär wolle angesichts der humanitären Notlage in dem Küstengebiet einen temporären Hafen errichten, um Lebensmittel, Wasser und Medikamente in das Kriegsgebiet zu bringen. Damals hieß es, es sei die Errichtung eines schwimmenden Piers vor der Küste geplant, an dem kommerzielle Schiffe mit Hilfsgütern anlegen könnten. Die Güter sollten dann auf andere Schiffe umgeladen und zu einem schwimmenden Damm gebracht werden. Dort sollen sie demnach schließlich entladen werden.

Zuvor war bekannt geworden, dass palästinensische Extremisten israelischen Angaben zufolge bei einem Besuch von UN-Mitarbeitern Mörsergranaten auf eine Baustelle für ein humanitäres Projekt im Norden des Gazastreifens gefeuert haben sollen. Der Vorfall ereignete sich den Angaben zufolge bereits am Mittwoch. Israelischen Medien zufolge wurde niemand verletzt. Ryder sprach auf Nachfrage von Berichten darüber, dass einige wenige Granaten dorthin gefeuert worden sein, wo die Hilfsgüter ankommen sollen. Dies habe keinen Einfluss auf die Baupläne und sei passiert, bevor das US-Militär mit der Konstruktion begonnen habe. Ryder machte erneut deutlich, dass es nicht geplant sei, dass US-Streitkräfte den Gazastreifen selbst betreten. Wie die Verteilung der Hilfsgüter vor Ort erfolgen soll, ist bislang noch unklar.


USA, Großbritannien und Kanada verhängen neue Sanktionen gegen Iran

WASHINGTON/LONDON: Die USA, Großbritannien und Kanada haben am Donnerstag als Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel neue Sanktionen gegen Teheran verhängt. Die Maßnahmen richten sich in erster Linie gegen den Handel und die Herstellung von Drohnen.

Wie die US-Regierung mitteilte, wurden 16 Unternehmen, acht Personen, mehrere Schiffe und ein Flugzeug sanktioniert, denen vorgeworfen wird, den Iran bei der Beschaffung unbemannter Luftfahrzeuge unterstützt zu haben. Aus London hieß es, vier Unternehmen und zwei Personen seien wegen ihrer Verwicklung in die iranische Drohnenproduktion mit Sanktionen belegt worden. Zudem sei die Ausfuhr von Komponenten, die zum Bau von Drohnen dienen können, weiter eingeschränkt worden.

«Großbritannien und seine Partner haben heute eine klare Botschaft ausgesandt - wir werden diejenigen, die für Irans destabilisierendes Verhalten verantwortlich sind, zur Rechenschaft ziehen», sagte der britische Außenminister David Cameron laut der Mitteilung. Man werde die Fähigkeiten Irans weiter einschränken, diese tödlichen Waffen zu entwickeln und zu exportieren, so der konservative Politiker weiter.

Der Iran hatte Israel Mitte April mit Hunderten Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern angegriffen, die aber fast vollständig mit Unterstützung von verbündeten Staaten abgefangen wurden. Der Angriff war eine Reaktion auf einen mutmaßlich von Israel geführten Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände in Damaskus, bei dem Anfang des Monats zwei Generäle der einflussreichen Revolutionsgarden getötet wurden.


Belgiens Entwicklungsministerium: Agentur-Mitarbeiter in Gaza getötet

BRÜSSEL: Ein Mitarbeiter der belgischen Agentur für Entwicklungszusammenarbeit ist Regierungsangaben zufolge bei einem israelischen Luftangriff in Gaza ums Leben gekommen. Auch sein siebenjähriger Sohn, sein Vater und ein Bruder wurden bei dem Angriff im Ostteil der Stadt Rafah getötet, wie Belgiens Entwicklungsministerin Caroline Gennez am Donnerstag mitteilte. Seine Frau sei im kritischen Zustand im Krankenhaus. Zwei weitere Kinder des Paares erlitten den Angaben zufolge leichte Verletzungen. Insgesamt seien in der Nacht zum Donnerstag mindestens sieben Menschen getötet worden.

Israels Armee teilte am Donnerstagabend mit, der Vorfall werde geprüft. Die Armee «geht im Einklang mit dem Völkerrecht gegen die Hamas und die Terrororganisationen im Gazastreifen vor», hieß es in einer Erklärung.

Gennez und die Agentur Enabel verurteilten den Angriff «auf unschuldige Zivilisten» auf das Schärfste. Sie forderten, «dass die verbleibenden Kollegen, die sich noch im Gazastreifen aufhalten, unverzüglich die Erlaubnis zur Ausreise erhalten». Für den verstorbenen Mitarbeiter und seine Familie habe diese noch ausgestanden, hieß es. Den Angaben zufolge halten sich derzeit noch sieben Enabel-Mitarbeiter in Gaza auf.


USA, Deutschland und weitere rufen Hamas zu Geisel-Freilassung auf

WASHINGTON: Die USA, Deutschland und 16 weiterer Länder haben die Terrororganisation Hamas zur sofortigen Freilassung aller Geiseln aufgerufen, die seit über 200 Tagen im Gazastreifen festgehalten werden. «Das Schicksal der Geiseln und der Zivilbevölkerung in Gaza, die unter dem Schutz des Völkerrechts steht, ist von internationaler Bedeutung», heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Mittwoch von der US-Regierung veröffentlicht wurde. «Darunter sind auch unsere eigenen Bürger.»

Neben US-Präsident Joe Biden und Bundeskanzler Olaf Scholz schlossen sich demnach auch die Staats- und Regierungschefs von Argentinien, Australien, Brasilien, Bulgarien, Kanada, Kolumbien, Dänemark, Frankreich, Ungarn, Polen, Portugal, Rumänien, Serbien, Spanien, Thailand und Großbritannien der Erklärung an.

Darin heißt es weiter: Ein Abkommen über die Freilassung der Geiseln würde zu einer sofortigen Feuerpause im Gazastreifen führen. Sein Zustandekommen würde die Bereitstellung weiterer notwendiger humanitärer Hilfe im gesamten Gazastreifen erleichtern. Zudem könnten die vertriebenen Bewohner des Gazastreifens in ihre Häuser und auf ihr Land zurückkehren.

«Wir fordern die Hamas erneut auf, die Geiseln freizulassen und die Krise zu beenden, damit wir uns gemeinsam darauf konzentrieren können, Frieden und Stabilität in der Region zu schaffen.» Man unterstütze nachdrücklich die laufenden Vermittlungsbemühungen, die darauf abzielten, um «unsere Leute» nach Hause zu bringen.


EU-Parlament fordert Iran und Israel zur Zurückhaltung auf

STRAßBURG: Das Europaparlament hat einen iranischen Angriff auf Israel verurteilt und beide Seiten zur Zurückhaltung aufgefordert. In einer Entschließung bekräftigten die Abgeordneten am Donnerstag in Straßburg ihre volle Unterstützung der Sicherheit Israels. Gleichzeitig bedauerten sie die mutmaßlich israelische Attacke auf das iranische Konsulat in der syrischen Hauptstadt Damaskus.

Der Iran hatte am 13. April Israel mit mehr als 300 Drohnen und Raketen angegriffen. Dem war der Tod von zwei iranischen Generälen bei einem Angriff am 1. April auf ein Gebäude der Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus vorausgegangen. Dieser Angriff wurde Israel zugeschrieben. Das gilt nach Medienberichten auch für einen begrenzten Militärschlag auf den Iran vom 19. April. Es ist langjährige Praxis, dass Israel Berichte über Auslandseinsätze nicht kommentiert.

Das Europaparlament appellierte an die Konfliktparteien, eine weitere Eskalation zu vermeiden und größtmögliche Zurückhaltung zu zeigen. In der Resolution ist außerdem die Rede von einer «tiefen Besorgnis» angesichts der destabilisierenden Rolle, die der Iran und sein Netzwerk nichtstaatlicher Akteure im Nahen Osten spielten. Die Abgeordneten begrüßten die neuen Sanktionen der EU gegen den Iran und forderten erneut, die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation zu listen.

Der israelische Außenminister Israel Katz bezeichnete die Resolution als einen weiteren diplomatischen Erfolg Israels und einen weiteren Schlag gegen den Iran. «Wir ziehen die Schlinge um den Hals des iranischen Regimes immer enger», hieß es in einer Mitteilung des Außenministeriums in Jerusalem.


Wetterrekord: Heißester Apriltag in Tel Aviv seit 85 Jahren

TEL AVIV: Hitzerekord in Tel Aviv: Die Einwohner der israelischen Küstenmetropole haben nach Angaben des Wetterdienstes am Donnerstag den heißesten Apriltag seit 85 Jahren erlebt. Gegen Mittag wurden demnach in Tel Aviv 40,8 Grad Celsius gemessen. Zuletzt sei es im April 1939 mit 40,4 Grad - der letzte Rekord - fast so heiß gewesen. Auch in den Küstenstädten Aschdod und Aschkelon seien am Donnerstag mit 43 Grad Hitzerekorde gebrochen worden, berichtete die israelische Zeitung «Haaretz».

Zum Vergleich: In den Jahren 1981 bis 2000 lag die durchschnittliche Temperatur im April in Tel Aviv nach Angaben des Wetterdienstes zwischen 14,4 und 22,8 Grad.

Der Leiter des Wetterdienstes, Amir Givati, sagte dem Blatt, solche Hitzewellen wie in diesem Jahr seien Teil der globalen Erwärmung. «Es ist damit zu rechnen, dass sie sich in den kommenden Jahren noch verschärfen», sagte er. Nach Angaben von Sanitätern mussten mehrere Menschen in Israel am Donnerstag wegen Hitzschlags behandelt werden.

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