Fasern bringen Samen zum Fliegen…

Kapok und Baumwolle wachsen hierzulande prächtig, sie haben eine Gemeinsamkeit

Mit der Reifung verholzt der Samenbehälter und gibt die „Baumwolle“ frei, die Samen enthält. Fotos: hf
Mit der Reifung verholzt der Samenbehälter und gibt die „Baumwolle“ frei, die Samen enthält. Fotos: hf

Das eine Gewächs, mit dem wir uns heute beschäftigen, ist ein Baumriese, der über die Jahre bis 75 Meter hoch wird. Das andere ist mehr ein Busch und erreicht bis 6 Meter Höhe. Und beide produzieren sie weißes Zeugs, viele Fasern, so eine Art Watte.

„Baumwolle“ ist eigentlich ein Name, der seine Pflanze und ihr Produkt nur sehr unzulänglich beschreibt, denn die vielen weißen Fasern, die seine Samenbehälter produzieren, sind sicher eher eine feine Watte als eine grobe Wolle. Auch ist der „Baum“ in der Baumwolle eher ein Busch, der beim kommerziellen Anbau bereits nach einem Jahr durch neue Pflanzen ersetzt wird, obwohl er im Prinzip mehrjährig wäre. Aber eben, die Produktivität ist so nun mal viel höher. Doch im Garten, als Schaupflanze, steht die Baumwolle mehrjährig.

Tolle Blüten bildet diese Hibiskus-Art

Baumwolle ist ein Hibiskus und entsprechend attraktiv ist die Blüte; daraus wird der Samenbehälter.
Baumwolle ist ein Hibiskus und entsprechend attraktiv ist die Blüte; daraus wird der Samenbehälter.

Die Baumwolle ist ein Hibiskus und bietet deshalb sehr attraktive, gelbe Blüten mit einem Rot-Einschlag. Schon allein der Blüten wegen, lohnt es sich in einem Thai-Garten, ein paar Baumwolle-Pflanzen zu kultivieren. Und später, wenn die Samenbehälter in der Größe eines Taubeneis reifen und verholzen, geben sie weißes Zeugs ab, Fasern oder Watte, die eigentliche Baumwolle, in deren Masse sich viele kleine schwarze Samen befinden. Denn das ist die biologische Funktion dieser Fasern: Sie verhelfen den Samen zur Flugfähigkeit. Dadurch kann die Art sich verbreiten und gleichsam die Welt erobern.

Entwicklungsgeschichtlich kam der große globale Durchbruch der Baumwolle übrigens im Gefolge des Sklavenhandels und der Industriellen Revolution. Da die Ernte der Baumwolle arbeitsintensiv ist und kontinuierlich über mehrere Monate andauert, braucht es dafür viele billige Arbeitskräfte (Sklaven). Ferner sind die Baumwollfasern relativ kurz, das heißt, sie müssen von Maschinen verarbeitet werden, damit sich die Stoffproduktion lohnt.

Kapok füllte Bäuche von Teddybären

Eine ganz ähnliche Strategie zu Verbreitung der Art oder zur Eroberung der Welt verfolgt der Kapok-Baum (Ceiba petandra). Auch seine Samenbehälter (von der Größe einer Papaya) verholzen bei der Reifung und entlassen große Mengen an weißer Watte in die Umgebung. Auch darin sind zahllose Samen enthalten, die auch weit vom Stamm entfernt nieder gehen, und aus denen schließlich neue Pflanzen wachsen können. Die Blüten sind im Gegensatz zur Baumwolle unscheinbar, ich erinnere mich nicht einmal an ihr Aussehen…

Kapok-Bäume sind Riesen und können 500 Jahre alt werden. Sie erreichen eine Höhe von 75 Metern und der Durchmesser des Stamms kann 3 Meter betragen. Woher der Kapok-Baum ursprünglich stammt, ist umstritten, Süd­amerika und Afrika kommen in Frage. Doch heutzutage ist er global in tropischen Gebieten anzutreffen, was sicher auch mit der Flugfähigkeit seiner Samen zu tun hat.

Kapok-Samen sind essbar, oder es kann aus ihnen ein Speiseöl gepresst werden. Seine Watte wurde ursprünglich zum Füllen von Teddybären oder auch Kissen verwendet. Darauf wird heutzutage eher verzichtet, denn die Kapok-Watte ist hoch brennbar, explodiert schon fast, wenn man versuchsweise die Flamme eines Feuerzeugs an sie hält. Das ist natürlich im Bett nicht so praktisch, wo einige immer noch sich eine letzte Zigarette vor dem wohlverdienten Schlummer genehmigen…


Hans Fritschi, Jahrgang 1957, ist ehemaliger Journalist und Buchautor, er lebt seit 1991 in Thailand. Mehrere Monate des Jahres reist er in der Welt herum, den Rest verbringt der Hobbygärtner in Pattaya und Nong Khai. Falls Sie Fragen und Anregungen an unseren Gartenkolumnisten haben, oder seinen Garten mal anschauen möchten, schicken Sie ihm eine E-Mail an oder besuchen Sie die Dicovery Garden Webseite oder Facebook. Für unterhaltsame und interessante Gartengeschichten in Bild und Ton besuchen Sie Hans Fritschis YouTube-Kanal – Teilen, Liken & Abonnieren erwünscht!

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