Ukrainekrieg: Neueste Meldungen am Mittwoch

Foto: epa/dpa Fotomontage
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Selenskyj kündigt weitere Sicherheitsabkommen an

KIEW: Mit Staaten wie Deutschland und Frankreich hat die Ukraine schon ein Sicherheitsabkommen geschlossen. Nun soll es weitere bilaterale Verträge geben. Kiew sieht das als Zwischenschritt vor der Nato.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Abschluss von mehreren neuen Sicherheitsabkommen angekündigt. «Wir bereiten noch sieben neue Sicherheitsdokumente für unser Land vor - bilaterale Sicherheitsabkommen», sagte Selenskyj am Mittwoch in seiner täglichen Videoansprache, «darunter auch mit den USA». Die Details bezüglich der Waffenlieferungen, Finanzhilfen und politischen Kooperation würden gerade ausgearbeitet. Die Verträge unterstützten das Land dieses Jahr und die nächsten und stellten die Sicherheitsarchitektur bis zum angestrebten Nato-Beitritt dar. «Natürlich hat alles besondere Priorität, was mehr Schutz vor dem russischen Terror bietet», sagte Selenskyj. Weitere Details oder Länder nannte er nicht.

Daneben bereitet sich die Ukraine Selenskyjs Worten nach intensiv auf die Gespräche zum EU-Beitritt vor. Das Land habe seinen Teil der Verpflichtungen bereits erfüllt, um im Juni mit den konkreten Beitrittsverhandlungen beginnen zu können, versicherte der 46-Jährige. Die Arbeit werde aber fortgesetzt, um Verzögerungen und Missverständnisse zu vermeiden.

Als dritten Punkt zählte Selenskyj die geplante Friedenskonferenz in der Schweiz auf. Dort habe man sich auf den letzten Feinschliff geeinigt, um möglichst hohen Druck auf Russland auszuüben. Wir müssen alle gemeinsam Russland zum Frieden zwingen.» Wenn die Welt gemeinsam handle und an der Konferenz möglichst viele Staats- und Regierungschefs teilnähmen, könne das gelingen, meinte Selenskyj.


USA verhängen weitere Sanktionen gegen Russland

WASHINGTON: Die US-Regierung zielt mit neuen Sanktionen insbesondere auf Russlands Waffenproduktion ab. Betroffen seien rund 200 Unternehmen und 80 Einzelpersonen in Drittstaaten wie etwa China, Belgien und der Slowakei, die Russland bei der Beschaffung von Material für ihr Waffenprogramm unterstützen sollen, erklärte das US-Finanzministerium am Mittwoch. Die Sanktionen zielen demnach auch auf den Bau chemischer und biologischer Waffen durch Russland ab. Ebenfalls am Mittwoch hatte das US-Außenministerium Moskau vorgeworfen, im Angriffskrieg gegen die Ukraine verschiedene Reizgase einzusetzen und so die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen zu brechen.

Sanktioniert werden zudem drei Personen, die den Angaben zufolge in Verbindung mit dem Tod von Alexej Nawalny stehen. Der Kremlgegner war im Februar in russischer Haft gestorben. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von «natürlichen» Ursachen die Rede. Nawalnys Angehörige sprechen von Mord.

Als Folge der neuen Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA gesperrt. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Firmen und Personen untersagt. Auch internationale Geschäfte werden durch die Sanktionen für Betroffene meist deutlich schwieriger.


USA werfen Russland Einsatz von Chemiewaffen vor

WASHINGTON: Russland verstößt nach Angaben der US-Regierung gegen die Chemiewaffenkonvention der Vereinten Nationen. Im Angriffskrieg gegen die Ukraine habe das russische Militär verschiedene Reizgase «als eine Form der Kriegsführung» eingesetzt, teilte das US-Außenministerium am Mittwoch mit. «Der Einsatz solcher Chemikalien ist kein Einzelfall», hieß es in der Mitteilung. Russische Truppen wollten damit ukrainische Streitkräfte aus befestigten Stellungen vertreiben und so auf dem Schlachtfeld taktische Vorteile erzielen.

Die Ukraine hat in der Vergangenheit Russland mehrfach den Einsatz von Chemiewaffen vorgeworfen. Die UN-Chemiewaffenkonvention verbietet dies. So beklagte der ukrainische Generalstab zu Jahresbeginn, dass russische Truppen das Reizgas CS gegen ukrainische Soldaten in Schützengräben einsetzten. Die Gasgranaten würden von Drohnen abgeworfen oder von der Artillerie verschossen, hieß es aus Kiew. Moskau hat seinerseits den ukrainischen Streitkräften ebenfalls den Einsatz verbotener Chemiewaffen vorgeworfen.


Selenskyj entlässt ranghohen Geheimdienstbeamten

KIEW: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat mitten im Krieg vor dem Hintergrund von Korruptionsvorwürfen Ilja Witjuk, einen hochrangigen Beamten des Geheimdienstes SBU, entlassen. Das entsprechende Dekret wurde am Mittwoch auf der Webseite des ukrainischen Präsidenten ohne Nennung von Gründen veröffentlicht. Witjuk leitete beim SBU die Spionageabwehr im Bereich Cybersicherheit. Zuvor hatten ukrainische Medien eine Recherche veröffentlicht, derzufolge die Ehefrau Witjuks im Zentrum Kiews eine Luxuswohnung gekauft haben soll. Witjuk war vor der Entlassung bereits beurlaubt worden.

Präsident Selenskyj hat immer wieder einen rigorosen Kampf gegen Korruption und Veruntreuung von Mitteln im Staatsapparat versprochen. Der Nachweis von Erfolgen bei diesem Kampf gilt auch als Voraussetzung für eine EU-Mitgliedschaft seines Landes. Trotzdem gilt die Ukraine nach wie vor als eins der korruptesten Länder Europas. Erst vor wenigen Tagen musste Agrarminister Mykola Solskyj wegen eines Bestechungsskandals zurücktreten.


Sikorski appelliert an Deutschland zur Lieferung von Marschflugkörpern

SLUBICE/FRANKFURT (ODER): Kanzler Scholz lehnt eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab. Bei einem Treffen der Außenminister von Deutschland und Polen kommt das Thema erneut auf.

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski hat die Bundesregierung bei einem Treffen mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock indirekt zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ermuntert. Er werde nicht in die internen Angelegenheiten eines befreundeten Landes eingreifen, sagte Sikorski am Mittwoch bei einer Pressekonferenz anlässlich des 20. Jahrestags des EU-Beitritts Polens. Die amerikanische Entscheidung könne aber für andere auch eine Inspiration sein. Er hatte zuvor bereits für eine Lieferung Deutschlands geworben.

Die Bundesaußenministerin ließ offen, ob es zu der Lieferung von deutscher Seite kommen wird. «Mit Blick auf Taurus, das wissen Sie auch, gibt es bei uns eine intensive Debatte», sagte Baerbock an Journalisten gerichtet. «Wie das in Demokratien so ist, muss man gemeinsam entscheiden.» Sie verwies auf die neue Initiative mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), mit Blick auf die Luftverteidigung weltweit weitere Systeme zu bekommen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lehnt es ab, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Er befürchtet, dass Deutschland bei Bereitstellung der Raketen mit einer Reichweite von 500 Kilometern in den Angriffskrieg Russlands hineingezogen werden könnte. Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass die Ukraine von den USA weitreichende ATACMS-Raketen erhalten hat. Medien berichteten, es handele sich um solche mit einer größeren Reichweite.


EU-Mitgliedschaft ist wichtige Sicherheitsgarantie

TALLINN: Estlands Regierungschefin Kaja Kallas hat die Bedeutung des EU-Beitritts vor 20 Jahren für die Sicherheit ihres Landes hervorgehoben. «Die heutige Sicherheitslage bestätigt, dass die Zugehörigkeit zur Europäischen Union das Überleben unseres Landes sichert und uns hilft, unsere Demokratie zu schützen», erklärte Kallas am Mittwoch anlässlich des 20. Jahrestags des EU-Beitritts. Die Mitgliedschaft in der EU und auch der Nato seien die Grundpfeiler der Sicherheit des an Russland grenzenden Baltenstaats.

Auch Außenminister Margus Tsahkna betonte: «Die Zugehörigkeit zur europäischen Familie hat Estland die Gewissheit gegeben, dass wir nie wieder alleine dastehen werden». Dies sei besonders wichtig angesichts der russischen Invasion in die Ukraine, die bewiesen habe, das Grauzonen in Europa Russland nur dazu motivierten, seinen imperialistischen Eroberungskrieg fortzusetzen.

Neben Estland traten am 1. Mai 2004 auch Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Ungarn sowie Malta und Zypern der EU bei. Es handelte sich um die größte Erweiterung in der Geschichte der EU. Estland, das wie Lettland und Litauen noch bis 1991 gezwungenermaßen Teil der Sowjetunion gewesen war, galt damals Musterkandidat unter den osteuropäischen Reformdemokratien.

«Als wir aus dem sowjetischen Gefängnis freikamen, begannen wir sofort mit der Arbeit für den Beitritt. Weil wir wussten: Wohlstand ist Sicherheit und Sicherheit ist Wohlstand», betonte Kallas in ihrer Videobotschaft. Der EU-Beitritt Estlands sei eine «Erfolgsgeschichte» gewesen und ermögliche es dem Land nun andere Staaten wie die Ukraine auf ihrem Weg in Richtung EU-Mitgliedschaft zu unterstützen.

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