Ukrainekrieg: Neueste Meldungen am Freitag

Foto: epa/dpa Fotomontage
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Habeck fordert mehr Waffen und Munition für die Ukraine

BERLIN: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die internationale Gemeinschaft aufgefordert, der Ukraine angesichts des Vormarsches der russischen Besatzungstruppen umgehend mehr Waffen und Munition zu liefern. «Jetzt gibt es eine Lücke, diese Lücke ist aber endlich», sagte der Vizekanzler am Freitagabend im ZDF-«heute-journal» nach einem Ukraine-Besuch in Moldau. «Im Moment ist es eine wirklich angespannte Situation. Das heißt alle Länder, die helfen können, müssen jetzt helfen, nicht in fünf Monaten oder in zehn Monaten.» Er hoffe, die USA würden sich bereit erklären, von ihren 60 Patriot-Flugabwehr-Systemen einen Teil der Ukraine zur Verfügung zu stellen. Zum Sommer hin werde es schon besser werden. Die Ukraine wisse, dass es eine schwierige Phase sei, «aber es ist eine Phase».

Es falle ihm nicht leicht, permanent über Waffensysteme, Kriegsgerät und das Durchhalten an der Front zu sprechen, sagte der Vizekanzler. «Das hätte ich mir am Anfang der Legislatur weder gewünscht noch vorgestellt, dass ich mit Ihnen ein Interview mache, wo ich werbend dafür spreche, mehr Kriegsgerät zu liefern.» Aber man müsse sich noch einmal klarmachen, warum dieser Krieg geführt werde. «(Russlands Präsident Wladimir) Putin will die liberale Demokratie in der Ukraine nicht zulassen und sie insgesamt destabilisieren.» Wenn die Ukraine nicht gewinnen könne, also verliere, dann werde es weitergehen. Deshalb seien alle, die die Demokratie verteidigen wollen, noch einmal angehalten, die Ukraine jetzt zu unterstützen.

Habeck war seit Donnerstag in der Ukraine. Danach reiste er weiter nach Moldau.


Selenskyj: Lösungen sind nötig und möglich

KIEW: Nach der Entscheidung der Nato zur weiteren Stärkung der Flugabwehr der Ukraine hat sich deren Präsident Wolodymyr Selenskyj zurückhaltend zufrieden geäußert. «Wir in der Ukraine schätzen die Bemühungen jedes Führers, jedes Staates, der wirklich aktiv ist, seine Versprechen einhält und versucht, die Fähigkeiten unserer Luftverteidigung zu verbessern», sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache, die außergewöhnlich kurz gefasst war.

Verteidigungsminister der Nato-Staaten hatten der Ukraine zuvor bei einer Krisensitzung mit Selenskyj die Lieferung zusätzlicher Luftverteidigungssysteme zugesagt. Das erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag im Anschluss an die per Videokonferenz abgehaltenen Beratungen in Brüssel. «Die Nato-Verteidigungsminister haben sich darauf geeinigt, ihre militärische Unterstützung zu verstärken und weiter auszubauen, auch im Bereich der Luftverteidigung», sagte er.

Wer die Zusagen gemacht hat, sagte der Norweger nach der Sitzung des sogenannten Nato-Ukraine-Rates zunächst nicht. Konkrete Ankündigungen sollen demnach in den nächsten Tagen durch einzelne Mitgliedstaaten gemacht werden. Länder, die selbst keine verfügbaren Luftverteidigungssysteme haben, sagten nach Angaben von Stoltenberg zu, finanzielle Unterstützung für den Kauf von Systemen für die Ukraine zu leisten. Berlin hatte der Ukraine erst am vergangenen Wochenende die Lieferung eines dritten Patriot-Flugabwehrsystems aus deutschen Beständen zugesagt.

«Die Ukraine braucht Flugabwehr, und unsere Partner können dabei helfen», sagte Selenskyj. «Wir brauchen Artillerie, und die hat die Welt.» Nur eine ausreichende Anzahl von Flugabwehrsystemen und Kampfflugzeugen könne die Ukraine vor den russischen Luftangriffen schützen. «Lösungen sind nötig, Lösungen sind möglich.»


Habecks Konvoi passiert in Ukraine Rauchsäule nach russischem Angriff

ODESSA: Die riesige Rauchsäule war nicht zu übersehen: Vizekanzler Robert Habeck ist auf seiner Ukraine-Reise in Sichtweite der Folgen eines kurz zuvor erfolgten russischen Raketenschlags gekommen. Mehrere Raketen waren nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Seehafen Piwdennyj bei Odessa am Schwarzen Meer eingeschlagen. Der Angriff ereignete sich gegen 15 Uhr Ortszeit (14 Uhr MEZ). Als die Delegation des Grünen-Politikers rund drei Stunden später das Gebiet passierte, war am Himmel eine hohe Rauchsäule zu sehen.

Selenskyj hatte in einer per Video übertragenen Rede beim Ukraine-Nato-Rat von den Einschlägen berichtet. Der Gouverneur des Gebietes Odessa, Oleh Kiper, erklärte, ein Mann sei mit Splitterverletzungen in ein Krankenhaus eingewiesen worden. Es sei zudem zu einem Brand gekommen.

Während des Aufenthalts Habecks im Gebiet Mykolajiw im Südosten der Ukraine wurde dreimal für längere Zeit Luftalarm ausgerufen. Die anderen beiden Alarme galten möglichen Raketen aus der Richtung der russisch kontrollierten Halbinsel Krim.

Habeck musste im Laufe des Tages drei Mal einen Luftschutzbunker aufsuchen, das erste Mal noch vor seinem Aufbruch am frühen Morgen in Kiew. Habeck verließ die Ukraine am Abend und reiste ins Nachbarland Moldau, wo er vor seiner Rückkehr nach Deutschland noch Regierungsvertreter treffen wollte.


Tusk will «jeden Verrat mit glühendem Eisen ausbrennen»

WARSCHAU: Nach der Festnahme von polnischen Staatsbürgern, die mutmaßlich mit russischen Geheimdiensten zusammenarbeiteten, hat Ministerpräsident Donald Tusk mit harten Konsequenzen gedroht. Im Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) schrieb er am Freitag: «Für Kollaborateure der russischen Geheimdienste wird es keine Nachsicht geben. Wir werden jeden Verrat und jeden Versuch der Destabilisierung mit glühendem Eisen ausbrennen.»

Zum aktuellen Stand der Aufklärung von zwei konkreten Verschwörungen sagte er, ein für ein verhindertes Attentat auf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verantwortlicher Pole sei vor zwei Tagen verhaftet worden. Der Mann habe mit russischen Geheimdiensten zusammengearbeitet. Ein für die Russen arbeitender Belarusse, der zwei Polen den Auftrag zum Angriff auf einen Mitarbeiter des gestorbenen Kreml-Gegners Alexej Nawalny gab, sei ebenso festgenommen worden wie die Attentäter selbst. Bei letzteren handele es sich um radikale Fußballfans, sogenannte Ultras, schrieb Tusk.

Am Donnerstag hatten die polnischen Behörden die Verhaftung eines Mannes bekannt gegeben, der den Flughafen im südostpolnischen Rzeszow ausspioniert haben soll, um ein Attentat auf Selenskyj vorzubereiten. Der Flughafen gilt als Umschlagplatz für westliche Waffenlieferungen in die Ukraine und als Umsteigeort von Selenskyj und anderen ukrainischen Politikern bei Auslandsbesuchen.

Am Freitag wurde die Festnahme zweier in Litauen zur Fahndung ausgeschriebener Polen bekannt. Sie sollen im März einen Angriff auf den Nawalny-Vertrauten Leonid Wolkow verübt haben. Wolkow wurde dabei in Vilnius schwer verletzt.


Nato-Staaten sagen Ukraine weitere Hilfe bei Luftverteidigung zu

BRÜSSEL: Verteidigungsminister der Nato-Staaten haben der Ukraine bei einer Krisensitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Lieferung zusätzlicher Luftverteidigungssysteme zugesagt.

Das erklärte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag im Anschluss an die per Videokonferenz abgehaltenen Beratungen in Brüssel.


Ukrainische Hafenstadt Odessa unter Beschuss

KIEW: Das russische Militär hat die ukrainische Hafenstadt Odessa am Freitag mit Raketen angegriffen. Dabei sei die Infrastruktur des Hafens getroffen worden, teilte der örtliche Militärverwalter Oleh Kiper auf Telegram mit. «Die Region Odessa wird erneut vom Feind angegriffen», schrieb er. «Die Hafeninfrastruktur wurde beschädigt.» Bei dem Angriff sei ein Mann verletzt worden. Gleichzeitig erinnerte der Militärverwalter die Bevölkerung daran, die Alarm-Signale zu beachten und rechtzeitig Schutzräume aufzusuchen.

Nach regionalen Medienberichten waren in der Stadt mehrere starke Explosionen zu hören. Später entwickelte sich über dem von Raketen getroffenen Gebiet dichter Rauch. Weitere Details über die Auswirkungen des russischen Angriffs wurden nicht genannt.

Odessa ist seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wiederholt Ziel von Luft- und Raketenangriffen geworden.


Selenskyj besucht ostukrainische Front in der Nähe von Tschassiw Jar

TSCHASSIW JAR: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Seleneskyj inspiziert weiter die Fortschritte beim Ausbau neuer Verteidigungslinien. Im ostukrainischen Donezker Gebiet reiste er ins umkämpfte Tschassiw Jar.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bei einer Reise in das ostukrainische Frontgebiet Donezk einen Kommandopunkt in der Nähe der umkämpften Stadt Tschassiw Jar besucht. Er habe sich vor Ort über die Lage unterrichten lassen, teilte der Staatschef am Freitag bei Telegram mit. Anschließend verlieh er Orden an Soldaten. Die Kleinstadt Tschassiw Jar gilt als nächstes Ziel der russischen Armee. Die Front verläuft wenige Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Tschassiw Jar liegt unweit der vor knapp einem Jahr von den Russen nach schweren Kämpfen eingenommenen Stadt Bachmut.

Zuvor hatte der Präsident Verwundete in einem Krankenhaus in der Großstadt Slowjansk besucht und den Ausbau von neuen Verteidigungspositionen inspiziert. Selenskyj hatte bereits in den vergangenen Wochen mehrfach den Ausbau neuer Verteidigungslinien besichtigt, unter anderem im benachbarten Gebiet Charkiw.

Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab. Wegen des Mangels an Waffen und Munition ist das Land gegenüber dem Angreifer in die Defensive geraten. Der Ausbau der Verteidigungslinien soll den Vormarsch der Besatzungstruppen aufhalten oder zumindest erschweren.


G7 stellen Ukraine mehr Hilfe bei Luftabwehr in Aussicht

CAPRI: Die sieben großen westlichen Industrienationen (G7) haben der Ukraine mehr Hilfe gegen russische Luftangriffe in Aussicht gestellt. «Wir sind insbesondere entschlossen, die Luftverteidigungsfähigkeiten der Ukraine zu stärken, um Leben zu retten und kritische Infrastrukturen zu schützen», heißt es in einer am Freitag verabschiedeten Erklärung zum Abschluss eines Treffens der G7-Außenminister auf Capri. Konkrete neue Zusagen gab es auf der italienischen Mittelmeerinsel aber noch nicht.

Zugleich forderte die Siebenergruppe Kremlchef Wladimir Putin auf, seinen Angriffskrieg gegen das Nachbarland nach inzwischen mehr als zwei Jahren sofort zu beenden. Russland müsse alle seine Streitkräfte «unverzüglich, vollständig und bedingungslos» abziehen. Wörtlich heißt es in der Erklärung: «Russland kann diesen Krieg heute beenden.» Die G7 bestehen aus den USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich, Italien und Deutschland. Italien führt in diesem Jahr den Vorsitz.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und auch Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatten bei dem Treffen mit Nachdruck darauf gedrängt, der Ukraine weitere Luftabwehrsysteme zur Verfügung zu stellen. Die Appelle richteten sich an die USA, aber auch an Frankreich und Italien. Deutschland bereitet derzeit die Lieferung eines dritten Patriot-Systems vor. Mitte Juni findet in der süditalienischen Region Apulien der alljährliche G7-Gipfel der Staats- und Regierungschefs statt.


Ukraine-Hilfe: Baltische Parlamentschefs appellieren an US-Kongress

TALLINN/RIGA/VILNIUS: Die Parlamentspräsidenten der baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen haben gemeinsam an den US-Kongress appelliert, ein zusätzliches Hilfspaket für die von Russland angegriffene Ukraine zu verabschieden. «Europa unternimmt historische Schritte, um seine Verteidigungsfähigkeiten zu stärken, aber das braucht zwangsläufig Zeit - Zeit, die die Ukraine nicht hat. Deshalb ist die US-Hilfe in diesem entscheidenden Moment unverzichtbar, bevor Europas Verteidigungsfähigkeit zum Tragen kommt und wir noch mehr tun, um der Ukraine zu helfen», schrieben sie am Freitag an den Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson.

In den USA wird das Repräsentantenhaus voraussichtlich am Samstag über das lange verzögerte Hilfspaket für Kiew im Umfang von 61 Milliarden US-Dollar abstimmen. In ihrem gemeinsamen Brief äußerten Lauri Hussar (Estland), Daiga Mierina (Lettland) und Viktorija Cmilyte-Nielsen (Litauen) die Hoffnung auf eine Zustimmung zu den dringend benötigten Hilfen. «Die Unterstützung der Ukraine ist eine Investition in unsere gemeinsame sichere Zukunft», betonten die Vorsitzenden der Volksvertretungen der drei an Russland grenzenden EU- und Nato-Staaten.

Parallel warben in den USA auch die Vorsitzenden der Auswärtigen Ausschüsse der Parlamente der drei Baltenstaaten bei einem Besuch für Unterstützung. Bei mehreren Treffen mit Mitgliedern des US-Kongresses wollten sie auf die Verabschiedung des Hilfspakets für die Ukraine drängen, teilte das estnische Parlament mit.


Neue Außenministerin

RIGA: Die Diplomatin Baiba Braze ist neue Außenministerin des baltischen EU- und Nato-Landes Lettland. Das Parlament in Riga bestätigte am Freitag in einer außerordentlichen Sitzung mit klarer Mehrheit die Ernennung der 57-Jährigen, die von Regierungschefin Evika Silina nominiert worden war. Sie tritt die Nachfolge von Krisjanis Karins an, der Ende März wegen einer Flugaffäre zurückgetreten war.

Silina bezeichnet Braza im Parlament als professionelle Außenpolitikerin und Person mit einer starken Persönlichkeit und viel Willenskraft. «Das ist genau die Art von Person, die wir unter diesen geopolitischen Bedingungen brauchen, wenn Russland seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine fortsetzt und es Unruhen im Mittleren Osten gibt», sagte die Ministerpräsidentin. Lettland grenzt im Osten an Russland und dessen engen Verbündeten Belarus.

Braze war zuletzt Botschafterin für besondere Aufgaben im lettischen Außenministerium. Zuvor war sie Botschafterin in den Niederlanden und Großbritannien sowie Vize-Generalsekretärin der Nato für öffentliche Diplomatie. Als ihre Prioritäten in der Außen- und Sicherheitspolitik hatte Braze nach ihrer Nominierung das Eintreten für eine starke Nato und EU sowie die anhaltende Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine genannt.

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