Gedenkstätte für ermordete Roma eingeweiht

PRAG/LETY: Nach jahrzehntelangen Bemühungen ist im tschechischen Lety eine Gedenkstätte für die Opfer des nationalsozialistischen Völkermords an den Roma und Sinti eingeweiht worden. Endlich könne man ihrer in Würde gedenken, sagte Tschechiens Regierungschef Petr Fiala bei einem Festakt am Dienstag. «Wir müssen uns offen eingestehen, dass das alles zu lange gedauert hat», räumte der liberalkonservative Politiker zugleich ein.

Auf dem abgeschiedenen gelegenen Gelände in Lety befand sich während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg ein Arbeits- und Sammellager für Roma. Nach dem Krieg wurde auf dem Gelände ein Schweinemast-Betrieb errichtet. Erst nach jahrzehntelangen Protesten von Roma-Vertretern und Menschenrechtsaktivisten erwarb der Staat 2018 das Grundstück, um dort die neue Gedenkstätte zu errichten.

In audiovisuellen Aufnahmen erzählen nun Zeitzeugen von ihren Erinnerungen an die Roma-Verfolgung unter der Nazi-Besatzung. Im Außenbereich erwartet die Besucher ein sogenannter «Pfad der Erinnerung». Für die Öffentlichkeit öffnet die Gedenkstätte erstmals am 12. Mai ihre Türen. Die Gemeinde Lety liegt im Bezirk Pisek, knapp 70 Kilometer südlich von Prag.

Man wolle das historische Gedächtnis bewahren und der Verbreitung von Desinformationen über diesen Genozid Einhalt gebieten, sagte Museumsleiterin Jana Horvathova. Faktisch sei Lety nicht nur ein Arbeitslager, sondern ein Konzentrationslager gewesen. Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, würdigte das neue Dokumentationszentrum in einer Mitteilung als «ein wichtiges Zeichen der historischen Bewusstseinsbildung, dass Holocaust auch die Ermordung von 500.000 Sinti und Roma im NS-besetzten Europa bedeutet».

Von 1942 bis 1943 wurden mehr als 1300 Menschen in Lety interniert. Historikern zufolge starben dort 327 Roma aufgrund der katastrophalen Verhältnisse. Mehr als 500 wurden ins deutsche Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Von den insgesamt rund 6500 böhmischen und mährischen Roma überlebte weniger als ein Zehntel den Porajmos, den Völkermord an den europäischen Roma. Nach dem Krieg wanderten viele slowakische Roma zu. Heute lebten Schätzungen zufolge wieder rund 250.000 Roma in Tschechien. Experten zufolge leidet die Minderheit unter Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung.

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