Zeitungen zum Geschehen am Mittwoch

Foto: Pixabay/Gerd Altmann
Foto: Pixabay/Gerd Altmann

«Berliner Morgenpost» zu Rücktritt der Verkehrssenatorin

Der Rücktritt von Manja Schreiner kam plötzlich, aber nicht unerwartet.

Damit bleibt dem Regierenden Bürgermeister Kai Wegner eine Debatte über seine Verkehrssenatorin erspart. Dennoch war bemerkenswert, wie schnell Wegner die einstige Hoffnungsträgerin fallen ließ. Der oder die Neue muss nicht nur kompetent sein, sondern auch sofort verfügbar ? und obendrein auch noch Freude daran haben, in knapp mehr als zwei Jahren bis zur Wahl noch etwas bewegen zu wollen. Dabei hatte sich schon Manja Schreiner damit herumschlagen müssen, dass Akzente in der Berliner Verkehrspolitik nicht so leicht zu setzen sind. Wegner könnte ihren Rücktritt dazu nutzen, mit einem neuen Gesicht beim komplizierten Thema Verkehr neue Akzente zu setzen. Die Aufgabe ist gewaltig. Und es ist eine der zentralen Herausforderungen dieser Stadt.


«Stuttgarter Zeitung» zu Scholz/Arbeitnehmer

Olaf Scholz hat eine weitere Verschiebung des Renteneintrittsalters zu Recht abgelehnt.

Der Kanzler stemmt sich gegen eine Kampagne, die ein Zerrbild Deutschlands zeichnet. Da wird suggeriert, die Deutschen seien nicht mehr fleißig genug. Das Schlagwort vom ?Freizeitpark Deutschland? hat wieder Konjunktur. Das alles ist empörendes Gerede, das weit an der Realität vorbeigeht. Im vergangenen Jahr waren im Durchschnitt 45,9 Millionen Menschen erwerbstätig - der höchste Stand seit der Wiedervereinigung. Das Arbeitsvolumen stieg um 0,4 Prozent auf 61,66 Milliarden Stunden. Das reale Renteneintrittsalter steigt kontinuierlich. Es stimmt schon, dass mehr Flexibilität dem Arbeitsmarkt guttut, aber anders, als es sich die Vertreter vorstellen, die mit dem Pauschalvorwurf der Faulheit so schnell bei der Hand sind: Gegen eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit für diejenigen, die dazu noch in der Lage sind, spricht nichts.


«Frankfurter Rundschau» zu 20 Jahre EU-Osterweiterung

Der Erfolg der EU-Osterweiterung zeigt, dass die Europäische Union mehr kann als Kritikerinnen und Skeptiker ihr zutrauen.

Denn was heute fast alle feiern, war vor 20 Jahren umstritten, nahmen vor allem hierzulande viele als Grund, um Wohlstandsverlust oder gar den Untergang des Bündnisses zu prophezeien. Die positive Bilanz der Osterweiterung ist also ein Grund mehr, weniger verzagt die anstehenden Herausforderungen wie die versprochene Aufnahme der Ukraine oder der Balkanstaaten anzugehen. Dabei dürfen die EU-Standards nicht verwässert werden. Geld gibt es nur, wenn die europäischen Werte umgesetzt werden. Damit würde die EU nicht nur wachsen, sondern auch den Einfluss Russlands einschränken. Gelingen kann das nur, wenn die EU ohnehin fällige Reformen endlich anpackt. Da ist die Agrarpolitik, der Ausgleich zwischen ökonomisch starken und schwachen Regionen oder das Prinzip der Einstimmigkeit. Es wäre die Gelegenheit, aus dem eher ökonomischen Bündnis auch ein politisches zu machen.


«De Standaard»: Netanjahu fürchtet Haftbefehle

BRÜSSEL: Zu Berichten, wonach der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle gegen israelische Regierungsvertreter und Hamas-Anführer vorbereitet, heißt es am Mittwoch in der belgischen Zeitung «De Standaard»:

«Israel und die USA erkennen den Internationalen Strafgerichtshof zwar nicht an, aber laut der «New York Times» soll Premierminister Benjamin Netanjahu dennoch nicht völlig unempfindlich gegenüber moralischen Schuldzuweisungen sein. Es wäre ihm unangenehm, wenn hochrangige israelische Persönlichkeiten auf eine Stufe gestellt würden mit Wladimir Putin, dem abgesetzten sudanesischen Diktator Omar al-Baschir oder den Terroristenchefs der Hamas. Das nährt einen gewissen Optimismus hinsichtlich der Erfolgschancen der Gespräche (über eine Waffenruhe im Gazastreifen). Für die mehr als eine Million geflüchteten Palästinenser in Rafah - dem letzten Flecken im Gazastreifen, durch den noch keine Panzer gedonnert sind, sowie für die israelischen Geiseln der Hamas geht es um Leben und Tod.»


«Tages-Anzeiger»: EU-Erweiterung ist auch Geopolitik

ZÜRICH: Zum Jubiläum der EU-Osterweiterung vor 20 Jahren heißt es am Mittwoch im Schweizer «Tages-Anzeiger»:

«Bis 2030 müsse die EU bereit sein für die nächsten Beitrittskandidaten, sagt EU-Ratspräsident Charles Michel vor dem Hintergrund des Jubiläums der großen Osterweiterung. Zunächst aber müsste sich die EU reformieren. Und sie müsste Entscheidungen generell mit qualifizierter Mehrheit treffen können, um auch mit 35 oder mehr Mitgliedern handlungsfähig zu bleiben. (?)

Erweiterung ist spätestens seit Russlands Überfall auf die Ukraine auch Geopolitik. Nur deshalb sind außer der Ukraine jetzt auch Moldau und Georgien Beitrittskandidaten. (?) Wie groß die Anziehungskraft der EU in der Nachbarschaft nach wie vor sein kann, zeigen Bilder von den proeuropäischen Kundgebungen in Georgien. Eine Mehrheit der Bevölkerung stemmt sich dort unter der blauen EU-Flagge gegen autoritäre Gesetze der prorussischen Regierung in Tiflis. Die EU-Mitgliedschaft ist ein klares Gegenprogramm zum Angebot aus Moskau. Doch wer will schon freiwillig Teil der russischen Einflusssphäre und von Wladimir Putins Imperium werden?»


«Financial Times»: Sánchez hat Spaniens Politik nur weiter aufgeheizt

LONDON: Zur nicht wahr gemachten Rücktrittsdrohung des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez meint die Londoner «Financial Times» am Mittwoch:

«Sein Ein-Mann-Protest gegen die, wie er es nannte, «Degradierung des öffentlichen Lebens» hat die Temperatur in Spaniens ohnehin schon überhitzter Politik nur noch weiter erhöht und zu noch mehr Schmähungen seitens seiner Gegner geführt. Sánchez sagte öffentliche Auftritte ab und schloss sich im Büro ein, nachdem ein Richter eine Korruptionsuntersuchung gegen seine Frau Begoña Gómez eingeleitet hatte. (...)

Sein improvisierter Protest erweckte den unglücklichen Eindruck, dass es ihm bei seinem Appell für eine freundlichere Politik darum ging, sich und seiner Frau aus der Patsche zu helfen. Schlimmer noch, Sánchez machte eine globale reaktionäre Bewegung für den Niedergang des politischen Lebens verantwortlich, während er seine sozialistischen Anhänger als Retter der Demokratie pries. Das ist genau die Art von polarisierender Rhetorik - ihr seid entweder für uns oder gegen uns -, von der Spanien weniger braucht.»


«El País»: Von der Leyens Cordon sanitaire

MADRID: Die spanische Zeitung «El País» kommentiert am Mittwoch die Aussage von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) zu einer möglichen Kooperation im EU-Parlament mit der rechtskonservativen Fraktion der EKR, zu der unter anderem die polnische PiS oder die Partei der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, die Fratelli d'Italia, gehören:

«Ursula von der Leyen (...) erklärte, sie sei bereit, den Cordon sanitaire zu durchbrechen, der die im EU-Parlament vertretenen rechtsextremen Gruppen seit Jahren isoliert. Die deutsche Konservative scheint entschlossen zu sein, ihren eigenen Cordon zu errichten, einen flexiblen und maßgeschneiderten Perimeter demokratischer Sicherheit, der ihrer Meinung nach nur jene Gruppierungen ausschließen würde, die eindeutig antieuropäisch, pro-russisch und gegen die Grundfreiheiten eingestellt sind, wie es bei den Parteien von Marine Le Pen in Frankreich, Matteo Salvini in Italien oder der AfD in Deutschland der Fall wäre.

Von der Leyen hingegen ist offen für eine Verständigung mit der EKR, einem Zusammenschluss ultranationalistischer und europaskeptischer Parteien. (...) Wenn sie sich auf einen Pakt mit Parteien einlässt, die die in den letzten Jahrzehnten errungenen Rechte und Freiheiten offen infrage stellen, wie es bei den Mitgliedern der EKR der Fall ist, könnte von der Leyen (...) Probleme bekommen, Verbündete jenseits der extremen Rechten zu finden. Ihr Parteikollege in Spanien, Alberto Núñez Feijóo, hat eine solche Selbstisolierung bereits erlitten, weil er sich der rechtsextremen Vox zugewandt hat.

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